Kreisjugendreferat
Vernetzung kommunaler und verbandlicher Jugendarbeit
Beschreibung
Das Kreisjugendreferat unterstützt und fördert die kommunale und verbandliche Jugendarbeit im Landkreis Tübingen. Es ist Ansprechpartner für haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter:innen der Jugendarbeit, für Verantwortliche in Städten und Gemeinden, in Vereinen und Verbänden und unterstützt Jugendliche bei ihren Anliegen und Projekten.
Die Aufgaben der Kreisjugendreferate ergeben sich aus den gesetzlichen Grundlagen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (SGB VIII). Jugendarbeit als Aufgabe der Jugendhilfe hat einen Beitrag zur Förderung der Entwicklung eines jeden jungen Menschen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit (§ 1 SGB VIII) zu leisten. Gemäß der §§ 76 und 79 SGB VIII liegt die Gesamtverantwortung für die Entwicklung der Jugendarbeit im Landkreis bei Träger der öffentlichen Jugendhilfe / Kreisjugendreferat.
Aufgabenbereiche
- Fachberatung für Kommunen, freie Träger, Vereine, Verbände, Fachkräfte und Ehrenamtliche
- Initiierung von Modellprojekten in der Jugendarbeit
- Servicestelle für Kommunen in Fragen der Planung und Förderung der Jugendarbeit
- Jugendbeteiligung bei Angebotsentwicklung zu gewährleisten
- Erzieherischer Kinder- und Jugendschutz nach § 14 SGB VIII
- Außerschulische Jugendbildung
- Vernetzung von relevanten Institutionen auf Kreis- und Landesebene
Themen
- Bundeskinderschutzgesetz: ehrenamtliche Kinder- und Jugendarbeit, Führungszeugnis, Vereine und Verbände, Prävention, Selbstverpflichtungserklärung
- Jugendarbeitsschutz: Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen
- PartyPass
- Schulsozialarbeit, AVdual-Begleitung
- Jugendberufshilfe, regionales Übergangsmanagement
- Jugendhilfe im Strafverfahren
Weitere Informationen
Das Forum Albbündnis aus der Sicht der Jugendförderung im Landratsamt Tübingen, Interview
Interview mit Katrin Fehrle und Daniel Stumfol, Jugendförderung, Kreisjugendreferat
„Es ist wichtig, mit Jugendlichen in die Diskussion zu gehen und sich nicht mit Floskeln oder Parolen ruhig stellen zu lassen“.
Interview mit Katrin Fehrle und Daniel Stumfol von der Jugendförderung bei der Abteilung Jugend im Tübinger Landratsamt – geführt von Julia Mayer, Bachelor-Studentin Public Management und Praktikantin bei der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit, Archiv und Kultur im Landratsamt Tübingen.
Mayer: Jugendförderung, das klingt spannend – was machen Sie denn genau im Landratsamt?
Fehrle: Ich habe im Jahr 2012 als Kreisjugendreferentin beim Landratsamt begonnen. Das Kreisjugendreferat untergliedert sich in drei Themenbereiche: die Fachberatung, die Vernetzung und die Projektarbeit. Seit 2018 bin ich Leiterin des Sachgebiets Jugendförderung. Hierbei geht es unter dem Motto „Keiner darf verloren gehen“ schwerpunktmäßig um die Unterstützung von Jugendlichen.
Stumfol: Ich bin seit Frühjahr 2019 ins Kreisjugendreferat eingestiegen. Davor war ich in der offenen Jugendarbeit im Landkreis tätig. Dies hat mir den Einstieg vereinfacht, da ich die Kollegen im Landratsamt sowie im Landkreis bereits kannte und auf eine gute Vernetzung zurückgreifen konnte.
Mayer: Sie haben das Albbündnis bereits angesprochen. Der Landkreis Tübingen ist Mitglied im „Albbündnis für Menschenrechte, gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“. Der Name gibt bereits Aufschluss darüber, worum es in diesem Bündnis geht. Wie würden Sie das Albbündnis beschreiben und welche Rolle kommt dem Landratsamt in dieser Kooperation zu?
Stumfol: Das Albbündnis gibt es nun seit zehn Jahren. Den Anstoß zur Gründung dieses Bündnisses waren Vorfälle aus dem rechten Bereich, welche sich in dieser Zeit in der Albregion aus der rechten Szene ereigneten. Dabei wurde klar, dass sich dieses Thema nicht auf einen Landkreis begrenzen lässt und präventive Zusammenarbeit gefragt ist. So hat sich ein Netzwerk entwickelt, welches über die Zeit gewachsen ist. Stand heute sind die Kreise Tübingen, Sigmaringen, Reutlingen und der Zollernalbkreis Teil des Bündnisses.
Fehrle: Weiter gehören zum Albbündnis Jugendhilfeträger, also diejenigen Organe, welche mit der Durchführung der Aufgaben öffentlicher Jugendhilfe betraut sind. Die Vernetzung ist sehr hilfreich. Insbesondere im straffälligen Bereich haben wir festgestellt, dass es bei Themen wie Rassismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sehr wichtig ist, ein breites Wissen zu haben, welches ständig wachsen muss, da sich auch die rechte Szene weiterentwickelt. Auch die Kooperation mit der Polizei ist im Präventionsbereich sehr wichtig.
Mayer: In diesem Jahr hat sich das Albbündnis in dem bereits zum 8. Mal stattfindenden Forum dem Thema „Angriffe auf die Demokratie im digitalen Raum“ gewidmet. Worum geht es dabei genau?
Stumfol: Neben der Vernetzung ist es dem Albbündnis wichtig, die Fachkräfte über neue Entwicklungen zu informieren und eine Plattform zu schaffen. Aus diesem Gedanken heraus ist das Forum entstanden. Als Fachkräfteveranstaltung findet es einmal im Jahr statt und bezieht neben Jugendarbeiter*innen beispielsweise auch Lehrer*innen und Schulsozialarbeiter*innen mit ein. In diesem Jahr fand die Veranstaltung in der Ausgestaltung dreier Online-Seminare mit dem Fokus auf dem Thema Digitales statt. Denn gerade durch die Corona-Pandemie sind Kinder und Jugendliche vermehrt im Internet unterwegs und bei unseren Vorbesprechungen standen bereits einige Corona-Verschwörungstheorien im Raum. Dies führte uns die Dimension des Themas nochmals vor Augen, sodass wir uns entschlossen haben, den Fokus der Veranstaltung rein auf das Thema Digitalisierung zu legen.
Mayer: Das klingt spannend und ist ja hochaktuell!
Stumfol/Fehrle: Ja, in der Tat. Den ersten Workshop leitete Mathieu Coquelin vom Demokratiezentrum zum Thema Verschwörungstheorien. Dabei hat er aus der theoretischen Perspektive beleuchtet, wie Verschwörungstheorien funktionieren und aufgezeigt, wie die Pädagogik damit umgehen kann. Die zweite Veranstaltung hat Martin Länge vom Polizeipräsidium Reutlingen durchgeführt. Er ist dort für Prävention zuständig und hat sich im Seminar mit WhatsApp-Gruppen beschäftigt, die mit extremistischen oder jugendgefährdenden Inhalten befüllt werden. Im dritten Workshop zeigten die Kommunikationswissenschaftler und Soziologen Patrick Stegemann und Sören Musyal wie radikale Aktivist*innen klassische social media-Strukturen, Influencer-Figuren oder Hashtags für ihre ideologischen Zwecke nutzen und wie man sich wappnen kann.
Mayer: Welche zentralen Erkenntnisse haben Sie aus dem Austausch gezogen?
Stumfol: Dass vieles, insbesondere im digitalen Bereich schwieriger zu durchschauen ist. Weiter, dass es wirklich sehr auf das Detail ankommt und um Begleitung geht. In vielerlei Hinsicht können wir Jugendliche nicht wirklich davor schützen. Es gehört zur Entwicklung, sich mit solchen Themen auseinanderzusetzen. So wie wir schauen, dass sie sicher durch den Straßenverkehr kommen, müssen wir sie auch auf die digitale Welt vorbereiten. Und dafür gibt es kein Patentrezept. Begleitung ist das Wichtigste, den Jugendlichen zuzuhören, fragen, was sie da machen und sich vor keiner Diskussion scheuen. Es ist wichtig, mit Jugendlichen in die Diskussion zu gehen und sich nicht mit Floskeln oder Parolen ruhig stellen zu lassen.
Fehrle: Das wird auch eine große Herausforderung für die Pädagogik der nächsten Jahre. Wir können nicht das Internet abschalten oder den Jugendlichen das Smartphone wegnehmen, sondern es geht darum, die Jugendlichen stark zu machen, damit es ihnen gelingt, Inhalte in der Informationsflut zu filtern und dabei auch schauen, welche dieser Inhalte für sie relevant sind.
Mayer: Die Corona-Pandemie hat Auswirkungen auf zahlreiche Bereiche und bietet zugleich vielfältige Chancen. Wie hat sich das Demokratieverständnis durch diese Zeit verändert und welche zukünftige Entwicklung wünschen Sie sich?
Fehrle: Ich glaube die Auseinandersetzung mit dem Netz und dessen Problematiken ist in eine andere Öffentlichkeit gerückt. Weiter hat es einen Bewusstseinsschub im Umgang mit den sozialen Medien gegeben. Zum Demokratieverständnis ist insbesondere die Frage, wie viel Freiheit des Einzelnen eingeschränkt werden darf, wenn es um die Eindämmung einer Pandemie geht, nochmals näher an die Jugendlichen herangetragen worden. Das hängt damit zusammen, dass es keine theoretische Diskussion mehr war, sondern eine konkrete Situation, mit der man sich auseinandersetzen kann. So finde ich es auch spannend, diese Themen im Nachklapp mit den Jugendlichen zu diskutieren.
Mayer: Vielen Dank für das sehr spannende und weiterführende Gespräch!
Die Jugendförderung: Sachgebiet der Abteilung Jugend im Landratsamt Tübingen:
Die Jugendförderung ist eines der Sachgebiete der Fachabteilung Jugend im Landratsamt Tübingen. Sie vereint die Bereiche Jugendberufshilfe, Jugendhilfe im Strafverfahren, Schulsozialarbeit an den kreiseigenen beruflichen Schulen sowie das Kreisjugendreferat. Die Abteilung Jugend umfasst ein breit gefächertes Aufgabenspektrum. Andere Sachgebiete sind beispielsweise der Fachdienst für Pflegefamilien, die Frühen Hilfen oder die Jugend- und Familienberatungszentren (JFBZ).
Im Kontext des Interviews sei auf das Beraternetzwerk „kompetent vor Ort. Gegen Rechtsextremismus“ (zu finden im Internet unter gleichnamigem Suchbegriff) hingewiesen, welches insbesondere Fachkräften oder Ehrenamtlichen, die mit Jugendlichen zusammenarbeiten, im Fall rechter oder extremistischer Vorfälle Hilfe bietet.