Aus der Geschichte des Landkreises
Orden und Klöster
Das Zisterzienserkloster Bebenhausen und die beiden Städte Tübingen und Rottenburg bildeten Schwerpunkte des Klosterwesens.
Heutzutage gibt es nur wenige Mönchs- oder Nonnenklöster im Landkreis Tübingen. Zurückgekehrt sind die Franziskaner ins Weggental bei Rottenburg, neu angesiedelt haben sich die Schönstätter Marienschwestern auf der Liebfrauenhöhe bei Rottenburg-Ergenzingen und die Kongregation der Armen Schulschwestern von unserer Lieben Frau in Bad Niedernau.
In Tübingen existiert der Edith-Stein-Carmel. Die 1998 heilig gesprochene Edith Stein war eine Konvertitin aus dem Judentum und bekannte Philosophin. Sie trat 1933 in den Karmel ein und wurde am 9. August 1942 im „Konzentrationslager" Auschwitz ermordet.
Noch Mitte des 18. Jahrhunderts gab es eine wesentlich größere Anzahl von Klöstern. Lange Zeit spielten Orden und Klöster eine wichtige Rolle als Gestalter des religiösen Lebens, Sozialeinrichtungen, Patronatsherren, Grundherren und Territorialherren im Gebiet des Landkreises Tübingen. Da mit Bebenhausen nur ein bedeutendes Kloster des älteren außerstädtischen Typs im Kreisgebiet bestand, erscheinen die beiden Städte Tübingen und Rottenburg mit ihren jüngeren Gründungen als Schwerpunkte des Klosterwesens.
Während des Mittelalters und bis zur Reformation hatte dabei Tübingen eine Vorrangstellung inne, wo neben dem außerhalb gelegenen Zisterzienserkloster Bebenhausen vom Ende des 12. Jahrhunderts mit dem Augustinerkloster (heute: Evangelisches Stift) und dem Franziskanerkloster (Standort: Wilhelmsstift) zwei weitere Mönchsgemeinschaften ihren Anfang im 13. Jahrhundert hatten. In Rottenburg kann lediglich das Karmeliterkloster auf einen ähnlich frühen Ursprung verweisen.
Mit den drei letztgenannten Mönchsgemeinschaften waren im Gebiet des Landkreises Tübingen die wichtigsten jener Bettelorden vertreten, die im 13. Jahrhundert gegründet worden waren. Ihre Mitglieder lebten von den Almosen der Bürger. In den aufblühenden Städten deckten die Mönche den steigenden Bedarf nach volksnaher Predigt. Das um 1183 gegründete Bebenhausen verdankte seine Existenz ebenso wie das 1330/31 in Rottenburg-Ehingen geschaffene Chorherrenstift St. Moriz dem dynastischen Denken führender Adelsgeschlechter. Beide waren als Hausklöster der Pfalzgrafen von Tübingen beziehungsweise der Grafen von Hohenberg konzipiert. Der zeitliche Unterschied ist ein deutlicher Hinweis auf die anfangs doch sehr viel höhere soziale Stellung der Pfalzgrafen.
Ausdruck spezifischer spätmittelalterlicher Frömmigkeit sind das Pauliner-Kloster Rohrhalden bei Kiebingen (1358) und das Stift St. Peter auf dem Einsiedel. Das erstere hängt vermutlich mit einem Aufschwung der Marien-Verehrung zusammen. Letzteres ließ der württembergische Herzog Eberhard I. im Zuge seiner Klosterreformpolitik für die Brüder vom Gemeinsamen Leben errichten, deren „Kappenherren" sich dem Studium der Heiligen Schrift, der Volksmission und der Schularbeit widmeten.
Neben vielen Männerklöstern entstanden während des Mittelalters auch Nonnenklöster. Deren Anzahl reichte allerdings nicht zur Aufnahme aller aufnahmewilligen Frauen. Manche von ihnen bildeten deshalb freie Vereinigungen, die in einer Art von Klostergemeinschaft zusammenlebten. Sie werden als „Beginen" bezeichnet. Solchen Zusammenschlüssen verdankten die meisten Frauenklöster im Kreisgebiet ihr Entstehen. Frauenklöster wie die Obere Klause in Rottenburg (kurz nach 1339) sowie die Klause in Sülchen (kurz nach 1323) entsprachen also einem inneren Bedürfnis der Menschen und entstanden sozusagen spontan. Neben den genannten Sammlungen gab es weitere, etwa in Ofterdingen oder Bodelshausen, die jedoch weniger bedeutend waren.
Anmerkung: Die Angaben zu Ordensstandorten des 21. Jahrhunderts im Landkreis beziehen sich auf die Zeit der Verfassung des zugrundeliegenden Buchbeitrags, 2002/2006.